Enklave des Nik'taat't
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"Du bist doch nur faul!"

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"Du bist doch nur faul!" Empty Re: "Du bist doch nur faul!"

Beitrag von Tamiia Mo Sep 19, 2016 6:09 am

Die Wochen vergehen
...die Zeit verrinnt.

Ich habe es akzeptiert. Wow. Das wurde mir bewusst, als ich wieder einmal an einem Abend am Versuch scheiterte, ein wenig RP zu betreiben, ohne Schmerzen. Als ich mich wieder einmal hin- und herwand, um eine Position zu finden, die nicht schmerzte. Ohne Erfolg. Da hatte ich den Gedanken «Dann halt nicht.» und habe mich wieder auf das RP konzentriert. Ich verspürte in dem Moment keine Wut. Keine Trauer. Mir schossen sogleich die Fragen durch den Kopf, die ich mir vor ein paar Wochen gestellt hatte. «Werde ich die Schmerzen irgendwann einfach akzeptieren und mit ihnen Leben, so wie ich es mit meiner Lichtallergie und den damit verbundenen Schmerzen mache?» Damals hatte mich dieser Gedanken noch wütend gemacht. Ich war so sauer auf mich selbst und alle auf dieser Welt und zugleich so traurig, dass ich mit meinen Tränen einen ganzen See hätte füllen können. Aber jetzt? An diesem Abend? Nichts. Es war mir egal. Ich hatte es akzeptiert. Klar, es gibt noch immer Momente, in denen das anders ist. Momente, in denen ich mich selbst schlagen könnte vor Wut, weil ich einfach nicht in der Lage bin, ein Essen mit der Familie oder mit Freunden zu geniessen. Weil ich nicht in der Lage bin, zeitlich flexibel zu sein und mich nicht an Termine halten kann und immer noch dauernd allen absagen muss und damit immer öfter meinem eigenen Lebensmotto wiederspreche.
Wer will findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe.
Dem stimme ich noch immer zu. 100%. Doch habe ich gemerkt, dass sich dieses «nicht wollen» auch auf unfreiwilliger Basis abspielen kann. Denn ich will zurzeit viele Dinge nicht, weil ich sie einfach nicht schmerzfrei ausführen kann. Oder ich will sie nicht, weil ich mich lieber auf andere Dinge konzentriere, als auf Zukunftstechnisch gesehen eher unwichtige Dinge.
Meine Sicht auf die Welt und auf die Menschen hat sich aber auch allgemein geändert. Ich habe gemerkt, dass ich nicht muss. Dass ich zu nichts verpflichtet bin und ich gut auf alle Menschen verzichten kann, die meine Situation nicht verstehen. Meine Traurigkeit und mein Nichtverstehen darüber, hat sich nun also in Gleichgültigkeit und Wut gewandelt. Ich scheue mich nicht mehr, den Leuten klar zu sagen, dass sie mich in Ruhe lassen sollen, wenn sie mich nicht verstehen. Ich scheue mich nicht mehr, allen möglichen und unmöglichen Terminanfragen (RP, Dates, RL-Freunde-Treffen) unverblümt abzusagen, wenn die Schmerzen gerade wieder schlimmer sind. Es ist mir egal geworden, ob diese Leute das dann auf sich selber beziehen und denken, ich wolle mich nicht mit ihnen treffen. Denn wenn sie so von mir denken, dass ich nicht in der Lage sei, ihnen das ehrlich ins Gesicht zu sagen, dann kennen sie mich ohnehin viel zu wenig, als dass sie meine wertvolle schmerzfreie Zeit verdient hätten.
Ausserdem ist mir bewusstgeworden, dass ich glücklich bin. Das klingt jetzt seltsam, ich weiss. Aber es wurde mir wörtlich bewusst, weil ich von vielen als traurig angesehen wurde. Viele hatten und haben die Erwartung an mich, dass ich mich weinend in ihre Arme werfe, an Depressionen leide oder ähnliches. Doch dem ist nicht so. Ich bin glücklich. Ja, ich habe Schmerzen. Ja, diese Schmerzen bringen mich ab und an fast um den Verstand. Ja, meine Eltern tun mir jeden Tag aufs Neue weh. Einerseits damit, weil sie mich überhaupt nicht verstehen, andererseits aber auch körperlich, durch ihre Anti-Rücksicht. (Beispiel: Auf dem Weg zu einem Familienabendessen zum Spass eine kleine Vollbremse im Dorf. Lustig weil: Meine Mutter erschreckt da immer so süss. Überhaupt nicht lustig weil: Das hat mir einen Schlag in den Rücken gegeben.) Und ja, es ist höchst mühsam in der Schule. Und ja… ich habe meine Momente, in denen ich weinend oder vor Wut schreiend zusammenbrechen könnte.
Aber ich bin nicht unglücklich. Im Gegenteil. Ich liebe mein Leben. Ich liebe jeden Moment darin und jeden Menschen, der zu mir hält. Meine beste Freundin… Nichts, rein gar nichts in der Welt gibt es, was ihren Wert für mich aufwiegen könnte. Mein Bruder, der einfach der beste der Welt ist. Meine Klasse, die mich einfach akzeptiert hat, wie ich bin und mir nur grinsend zuzwinkert, wenn ich wieder an der Wand anlehne und dem Unterricht lausche, statt zu sitzen. Oh und ich liebe die Abende, in denen ich mich mal wieder auf einen TS traue und einfach… willkommen bin. Als normaler, gesunder Mensch. Mein Rücken einfach nur scheiss egal. Hach und ich liebe es, mit meinen Foren-RPG-Freunden zu schreiben. Sie sind einfach… einfach für mich da. Das klingt so simpel, bedeutet aber so unheimlich viel.
Auch ein RP, was ich vor kurzem angefangen habe, in einer Gilde. Es ist den Leuten dort wahrscheinlich nicht bewusst, und… das muss es auch gar nicht zwingend, aber diese Abende mit ihnen, bedeuten mir mehr, als ihnen vielleicht bewusst ist. Jeder RPler kennt doch dieses Gefühl. Das Gefühl, in andere Welten zu tauchen, sich von ihnen mitreissen zu lassen und alles, einfach alles andere darum herum zu vergessen und einfach nur den Traum einer perfekten, kleinen Welt zu geniessen. Und genau diese Menschen in genau dieser Gilde ermöglichen mir das.
Das heisst nicht, dass andere RPler, mit denen ich gerne RP schreibe, das nicht könnten. Doch habe ich einfach nicht die Zeit für mehr als einen RP-Charakter, kombiniert noch mit meinem kleinen Lieblingstwink, der übrigens den gleichen Effekt hat, wie besagter Char in besagter Gilde.
Ich frage mich manchmal, ob das verrückt ist. Oft ist die Antwort Ja, aber oft auch Nein. Denn es fühlt sich richtig an und kann etwas, was sich so richtig anfühlt, so falsch sein? Denn habe ich die kleine Gruppe aus dem Foren-RPG und diese Gilde nun so sehr ins Herz geschlossen und sie haben mir alle beide nun so sehr geholfen, dass sie für mich den Stand zweier kleiner Familien eingenommen haben. Besonders, wenn man Familie so definieren will, dass alle Mitglieder in guten, wie in schlechten Zeiten für einander da sind, jeden Einzelnen einfach so akzeptieren, wie er ist und man zusammen ein kleines Elite-Team ist, das Grosses erreichen kann und wird.
Aber ich verfange mich gerade in Träumereien und schweife viel zu sehr ab. Was ich aussagen will: Ich bin glücklich. Ich habe die besten Freunde, die man sich vorstellen kann und ein wundervolles Leben. Ich habe kreative Wirbel. Aber das ist cool.
Tamiia
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Beitrag von Tamiia Di Sep 06, 2016 11:23 pm

Gesichter, die im Neid ersticken
Verlogen in die Augen blicken
Ein Händedruck als Freundschaftsband
Den Dolch schon in der andren Hand
Das sind die Freunde deiner Welt
Für die nur ihre Meinung zählt
Kalt lächelnd über Leichen gehen
Die deine Sorgen nicht verstehn

Hab einen Schwur - ich werd mich rächen
Erkennt in mir was ihr nie seid
Spürt meinen Zorn - werd mit euch brechen
Ich sage euch: Ihr tut mir leid!

Ich frage euch wer seid ihr schon
Des Schicksalsmächte purer Hohn
Ich jag euch fort, bin nicht bereit
Vor falschen Freunden nun gefeit
©Saltatio Mortis

Schmerz. Ein Stich. Alles vorbei. Es ging so schnell und doch so langsam. In solch kurzer Zeit und doch über mehrere Wochen. An einem Dienstag, aber die Tage davor auch schon. Doch dieser eine Dienstag war der Stichtag. Wortwörtlich. Mit ihm hatte alles begonnen und an ihm hatte ich den ersten Stich verspürt. Ich hatte Rückenschmerzen. Höllische Rückenschmerzen. Und ich war am Arbeiten, die Schicht gerade erst begonnen. Ich weiss nicht mehr, wie ich den Tag überlebt hatte, doch schaffte ich es irgendwie. Zum Glück durfte ich auch an genau diesem Tag früher Feierabend machen. Zum Glück…
Erst dachte ich, es sei einfach eine vorrübergehende zu hohe Belastung für meinen Rücken und er spiele deshalb verrückt. So ging ich die nächsten Tage auch noch mit Müh und Not arbeiten. Dass es nur noch zwei Tage waren, bis ich Urlaub hatte, spielte dabei bestimmt auch eine grosse Rolle. Nach dem letzten Arbeitstag hatte ich dann auch einen Arzttermin. Meine Wirbel seien schräg, da sie durch verspannte Muskeln zur Seite gezogen werden. Phu. Also nichts Schlimmes. Das würde vorbeigehen. Also ab zur Physiotherapie und das wieder richten lassen. Auch die sagte nichts Anderes und so begann ich meinen Urlaub zu planen. Zwei Wochen hatte ich. Also die erste Woche noch schonen, da ich noch immer starke Schmerzen hatte und die zweite dann irgendwo hinreisen. Egal wohin, Hauptsache weg. Doch die Schmerzen blieben. Die zweite Woche mit Schmerzen, die erste Urlaubswoche brach an. Die Tage vergingen. Ich tat nichts anderes, als herumliegen, die Übungen der Physio machen und Hörbücher oder Musik hören. Am Anfang ging diese Beschäftigung noch recht gut. Doch nach einigen Tagen, mehrere Hörbücher durchgehört, konnte ich nicht mehr. Ich war nervlich am Ende. Ich wollte raus! Ausserdem fühlten sich die Schmerzen schon besser an und so unternahm ich etwas. Eine Pokemon-Go-Spielrunde unter Freunden. Ein Fehler. Oder auch kein Fehler. Je nach Betrachtungsweise. Jedenfalls ging es nicht. Es tat weh. Sehr weh. Also… wieder nach Hause und weiter herumliegen.
Nebst den Schmerzen war da dann aber auch noch das Umfeld. Allen RP-Kontakten absagen. Check. Der Raidgruppe Bescheid sagen. Check. Bei meinem Forum-RPG Bescheid sagen. Check. Der Familie nochmal vorjammern, wie weh es doch tut. Che… Nein. Doch nicht. Den Freunden sagen, dass man nichts unternehmen kann. Check. Verständnis der Freunde einholen. Che… Hrm. Nein, auch nicht.
Die Tage vergingen erneut. Nebst der Langeweile kam, wie vielleicht ersichtlich, nun auch noch das Unverständnis des Umfeldes dazu. Ich wurde als unzuverlässig geschimpft, als faul. Als Jammerlappen. Also begann ich zu schweigen. (Leider führte das nur dazu, dass die Vorurteile noch schlimmer wurden. Immerhin jammerte ich ja nicht mehr, wie konnte ich denn da Schmerzen haben?)
Die zweite Ferienwoche brach an. Immer noch keine Besserung. Dafür aber mehr Informationen. Nicht meine Muskeln sind schuld, sondern mein Becken. Es ist schräg, was wahrscheinlich von meinem Beruf kommt. Meinem Traumberuf. Das Tragen von kleinen Kindern an der Seite, hatte mein Becken angeschrägt. Ja super. Danke.
Apropos. Arbeiten. Ich sah mich vor die Frage gestellt, was ich bezüglich meiner Arbeit tun sollte. Ich war mit einem Stundenlohn freischaffend bei einer Familie angestellt. Ein Traum sage ich euch! Doch… was nun? Ich konnte nicht arbeiten. Ich konnte ja nicht mal anständig sitzen! Also musste ich denen auch absagen. Unzuverlässig. Schoss es mir sofort durch den Kopf. Oh, das kostete Überwindung, der Familie zu schreiben. Doch es klappte, sie akzeptierten es und wir verlängerten meinen Urlaub um eine Woche, damit ich Zeit hatte, gesund zu werden. Das klang so schön, dass ich es selber glaubte. In einer Woche wieder gesund zu sein. Achja.
Die Zeit verging weiter. Mein Becken war dann doch nicht schuld. Nein. Eine Skoliose. Eine kreative Wirbelsäule. Eine Wirbelsäule, die statt grad zu sein, wie jede andere, lieber schräg war und verkrümmt. Ich hätte das schon immer gehabt. Nur jetzt erst seien die Beschwerden gekommen. Super. Danke. Heisst das demnach, dass ich jetzt immer wieder Schmerzen habe und meinen Beruf vergessen kann?
Naja. Egal. Immerhin konnte ich jetzt endlich meiner Familie sagen, was ich habe und Verständnis und vielleicht sogar etwas Mitleid von ihnen bekommen! Ja, sie würden jetzt sicher verstehen, was los war und mich unterstützen! Sie würden auch sicher die Sprüche sein lassen!
"Wir waren doch verabredet, warum sagst du ab? Magst du mich nicht mehr?"
"Sie hilft nicht mal im Haushalt, alles muss ich alleine machen, weil sie ja 'krank' ist."
"Aber, wenn du nach Bamberg reisen kannst, kannst du doch auch arbeiten gehen!"
"Gestern beim Familienessen konntest du doch auch lange sitzen, warum dann in der Schule nicht?"
Dann der grosse Schock. Es war ihnen egal. Egal! Keine Reaktion. Einfach nur egal. Ich war am Boden zerstört. Ich war nun also offiziell mit meinem Problem allein. Meine wahren Freunde konnte ich nicht immer damit nerven, die falschen hatten sich schon lange verpisst und meine Eltern liessen mich nun auch noch im Stich?!
Und wohin nun mit all meinen Fragen? Mit den Sorgen, aber auch mit den wirklich wichtigen Fragen?
Was muss ich nun tun? Muss ich mich umschulen lassen?
Muss ich mich bei der Krankenkasse melden?
Muss ich mich bei der Invalidenversicherung melden?
Beim Sozialamt?
Bekomme ich irgendwoher Gelder, solange ich Arbeitsunfähig bin?
Wie soll ich die Miete bei meinen Eltern, all die Arzttermine und Therapien bitte bezahlen?
Ein Arztzeugnis bekomme ich nicht. Der fand es für klüger, mich noch zu weiteren Ärzten zu schicken, statt mir mal wirklich zu helfen.
Ich habe doch keine Ahnung davon… Ich war noch nie zuvor mehr als 5 Tage am Stück krank!
Und dann sind da noch die anderen Fragen. Die persönlichen Fragen. Zum Beispiel, ob ich jemals wieder ohne Schmerzen leben kann. Ob ich auch mit Schmerzen das tun kann, was mich erfüllt und glücklich macht, oder ob ich auch das alles aufgeben muss um mir andere Dinge zu suchen.
Samariter. Postendienst stehen. Schwimmen. Panflöte spielen. Cosplays nähen, bauen und auch tragen. Einfach ein RP-Abend ohne Schmerzen. Oder mal ganz banal: In der Schule nicht dauernd stehen müssen im Unterricht, weil Sitzen einfach nicht geht. Es halten mich da doch schon alle verrückt. Erst will ich dauernd einen Hut im Unterricht tragen, weil ich allergisch auf Licht reagiere und dann steh ich auch noch rum.

Die Scheinkranke.
Die Unzuverlässige.
Die Arbeitslose.
Die Faule.
Der Jammerlappen.
Die... Lügnerin.
Tamiia
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